Sportivity – Sport im Beruf (Teil 1)
Zu viel Stress – zu wenig Bewegung
Warum das Thema Sport und Beruf verstärkt ins Blickfeld vieler Unternehmen rückt, hat mehrere Gründe. Zum einen sind Betriebe und Mitarbeiter heute stetig wachsenden Anforderungen ausgesetzt. Sie müssen immer besser, produktiver, flexibler werden und dem internationalen Wettbewerbsdruck standhalten und stehen somit ständig unter Stress. Zum anderen bewegen sich die meisten Beschäftigten im Beruf zu wenig. So verbringt ein Büromitarbeiter durchschnittlich 80.000 Stunden während seines Arbeitslebens im Sitzen. Die Folgen sind deutlich spürbar: Mehr als die Hälfte aller Berufstätigen klagt über Rückenschmerzen, ein Viertel über schmerzhafte Verspannungen. Laut einer Umfrage der DAK befürchten sogar 40 Prozent der Angestellten, dass sich ihr Beruf langfristig negativ auf die Gesundheit auswirkt.
Sport als Teil der Work-Life-Balance
Dabei würden 30 bis 50 Minuten Sport pro Tag ausreichen, um dauerhaft fit zu bleiben. Doch wer nimmt sich täglich Zeit, nach Feierabend noch eine Runde zu joggen oder ins Fitnessstudio zu gehen? Das Zukunftsinstitut, eines der einflussreichsten europäischen Think-Tanks, schlussfolgert in seiner neuesten Sportivity-Studie: Die Zukunft des Sports liegt im Beruf. Denn während sich Sport zunehmend zu einem zentralen Bestandteil unserer Freizeitgestaltung entwickelt, hält die Berufstätigkeit in der Regel von sportlichen Aktivitäten fern. Daher sollte Bewegung als Element der Work-Life-Balance in den Arbeitsalltag integriert werden.
Großkonzerne als Vorreiter
Laut den Autoren der Sportivity-Studie bieten bis jetzt zwar nur etwa 25 Prozent der deutschen Unternehmen eine Form von Betriebssport an. Doch der Trend geht in die richtige Richtung. Während mittelständische Betriebe in dieser Beziehung noch Defizite zeigen, geben sich vor allem Großkonzerne bereits sehr sportlich.
„Challenge your boss“
So powern sich beispielsweise die Mitarbeiter von Adidas im hochmodernen Fitnesscenter sowie im hauseigenen „Adi-Dassler-Stadion“ aus. Opel-Beschäftigte messen sich im Rahmen des Konzepts „Challenge your Boss“ mit dem Chef persönlich. Und auch die Deutsche Bank geht mit gutem Beispiel voran. Neben dem eigenen Sportzentrum in Frankfurt haben die Mitarbeiter an 100 Standorten die Wahl zwischen 35 verschiedenen Sportarten. Die Daimler AG verfügt sogar über einen angebundenen Sportverein (SG Stern), der mit 87 verschiedenen Sportarten auftrumpft.
Unterschiedliche Konzepte
Doch muss es nicht gleich das firmeneigene Stadion oder Fitnessstudio sein. Manche Unternehmen arbeiten mit externen Dienstleistern zusammen, wie Sportvereinen, Fitnesscentern oder Physiotherapeuten. Im besten Fall befinden sie sich bereits in der Nähe der Firma oder kommen direkt ins Unternehmen. Dann wird das Konferenzzimmer schnell zum Aerobic-Kursraum umfunktioniert, in dem Kollegen Seite an Seite Ausdauer und Kondition trainieren.
Externes oder internes Angebot
Eine weitere Alternative zum hauseigenen Sportzentrum besteht darin, eigene ausgebildete Mitarbeiter als Trainer zu gewinnen. So leitet beispielsweise Rupert Schmidt, Messprüfer und Lauftherapeut, die gemeinsamen Laufgruppen bei Audi. Bei der Radfirma Specialized steigt sogar der Chef selbst in der Pause beim gemeinsamen „Lunch-Ride“ aufs Fahrrad. Wieder andere Firmen geben Sportgutscheine an ihre Mitarbeiter aus, die dann individuell eingelöst werden können. Wichtig ist bei all diesen Konzepten vor allem eines: Der Sport muss von der Unternehmensleitung vorgelebt werden. Nur wenn die Führungsebene ein echtes Interesse daran hat und sich selbst aktiv beteiligt, haben die einzelnen Maßnahmen Erfolg.
Vom Billard bis zum Stepptanz
Die jeweiligen Sportangebote können dabei äußerst unterschiedlich sein. Sie sollten jedoch in den Berufsalltag passen und so gewählt sein, dass möglichst viele Mitarbeiter daran teilnehmen können. Während Betriebssport früher eher mit Kniebeugen und Rückenschule in Verbindung gebracht wurde, geht heute der Trend in vielen Unternehmen zu Gruppen- und Leistungssportarten wie Speedminton oder Indoor-Beachvolleyball. Auch Yoga, Billard, Tischtennis, Joggen und Radfahren sind mittlerweile stark vertreten. Immer beliebter werden zudem Firmenläufe oder Hindernis-Runs. Hauptsache ist dabei in erster Linie, den Kopf frei zu bekommen und den Körper auf Touren zu bringen.
Bewegung macht frisch
Vor allem in kürzeren Pausen ist körperliche Bewegung besser als Entspannungstraining, weiß Ingo Froböse, Sportwissenschaftler und Leiter des „Zentrums für Gesundheit durch Sport und Bewegung“ der Deutschen Sporthochschule in Köln. „Eine halbe Stunde ist meist zu kurz, um abzuschalten. Viele denken daran, was sie nach der Pause bei der Arbeit erwartet.“ Körperliche Betätigung mache hingegen „frisch und transportiert Sauerstoff in die Zellen.“ Zudem müsse sich das Gehirn bei körperlicher Anstrengung komplett auf die Bewegungsabläufe konzentrieren – somit bleibt keine Zeit zum Grübeln.
Fitnesstipps:
- Bewegung im Alltag
Etwa 30 Minuten Bewegung täglich reichen bereits aus, um gesund zu bleiben. Wer gezielt Bewegung in den Tagesablauf einbaut und zum Beispiel Treppen steigt oder mit dem Fahrrad fährt, hält sich fit.- Stehen statt Sitzen
Versuchen Sie tagsüber im Büro möglichst häufig zu stehen, statt dauernd zu sitzen. Telefonieren und lesen Sie Ihre Post im Stehen, besuchen Sie Ihre Kollegen zum Gespräch, statt anzurufen.- Feste Zeiten einplanen
Setzen Sie sich Ziele für Ihre sportlichen Aktivitäten und halten Sie feste Zeiten in Ihrem Terminkalender dafür frei. Nur wer regelmäßig trainiert und das über einen längeren Zeitraum hinweg, kann den Erfolg spüren und auch sehen.