CAREERS LOUNGE präsentiert Personalities: Cordula Nußbaum (Teil 2)
CAREERS LOUNGE: Durch die Digitalisierung sind wir always on – permanent online. Macht das eher glücklich oder ist das eher ein Faktor, dass wir uns nicht glücklich fühlen?
Claudia Nussbaum: Ständig online zu sein, ist definitiv ein Faktor, um unglücklich zu sein. Obwohl es eine großartige Möglichkeit ist, rund um die Uhr mit der ganzen Welt und mit Freunden in Kontakt zu bleiben, und das der große Vorteil ist.
Es gibt mittlerweile viele Studien, die feststellen, dass mehr Zeit in den sozialen Medien dazu führt, dass Menschen unglücklicher werden. Warum? In Facebook, Instagram, Linkedin etc. stehen immer nur die Jubelmeldungen der anderen. Einer bereitet sich gerade auf seine Vorstandspräsentation vor, hier hat mir mein Mann gerade mal wieder einen tollen Blumenstrauß geschenkt. Wir konsumieren nur die Highlights aus dem Leben der anderen und vergleichen das mit dem eigenen Leben. Wir denken, wann darf ich mal präsentieren? Wann habe ich die letzten Blumen geschenkt bekommen? Das zieht die Stimmung komplett herunter. Dann ist es wichtig, das wahrzunehmen und sich zu fragen, wie gut tut es mir tatsächlich diese ganzen Jubelmeldungen von Kollegen und Freunden zu lesen? Wenn ich feststelle, mich zieht es runter, nicht den Fehler bei mir zu suchen, dass ich nicht damit umgehen kann, dass ich vielleicht neidisch bin. Nein, das ist ein total menschlicher Zug. Vielmehr bedeutet das, schränke deine Online-Zeiten ein, widme dich lieber den Menschen in deinem direkten Umfeld. Auch dazu gibt es Studien, dass der echte persönliche Kontakt deutlich mehr Glückshormone ausschüttet, in Form des Bindungshormons Oxytocin. Der direkte Kontakt schüttet deutlich mehr Oxytocin aus, als wenn ich nur Social Media lese und dementsprechend kann ich meine Zeit einteilen.
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Die Aufmerksamkeit zu lenken wird also immer wichtiger. Welche Fähigkeiten halten Sie außerdem für besonders wesentlich, damit sich Persönlichkeiten auf die kommenden Veränderungen einstellen können?
Was definitiv gut ist, ist die Beschäftigung mit mir selbst. Mir in Beruf und Karriere über meine Werte und Motive klar zu werden und mir idealerweise einen Arbeitgeber zu suchen, der in meiner Wertewelt, in meiner Motivewelt ist.
Ein Beispiel: Einer meiner Coaching-Klientinnen waren Themen wie Idealismus, Nachhaltigkeit sehr wichtig. Doch sie war bei einem Arbeitgeber angestellt, der diese Werte mit Füßen getreten hat, der die Umwelt zerstört hat, der die Mitarbeiter ausgebeutet hat. Das war ihr lange nicht bewusst, weil die Arbeit an sich ihr Spaß gemacht hat. Aber in der Pressestelle, in der sie tätig war, musste sie das Unternehmen nach außen vertreten mit Werten, Motiven, die überhaupt nicht ihre Welt waren. Deshalb hat sie den Arbeitgeber gewechselt, hin zu einer Nonprofit-Organisation, die eben genau für diese Werte Nachhaltigkeit, Idealismus steht. Das heißt, durch die übereinstimmenden Werte von Person und Unternehmen ist schon mal die grundsätzliche Voraussetzung gegeben, dass du glücklich bist in deinem Job.
Es gibt Social Media und tausend Projekte, in denen wir uns engagieren könnten. Die neue Herausforderung ist bewusst zu entscheiden, wo soll meine Aufmerksamkeit hingehen? Wo möchte ich meine Energie und Kraft hineinstecken? Und hier viel klarer zu priorisieren.
Dann gilt ist es zu überlegen, bin ich eher der kreative Chaot? Im Sinne der Fragestellung, ob ich viel Abwechslung brauche. Bin ich ein sehr spontaner, flexibler Mensch, der auf die Möglichkeiten anspringt, die uns das Leben bietet? Oder bin ich eher der systematische Umsetzer, der seine Karriere plant und ganz genau weiß, wo er in fünf oder zehn Jahren stehen will? Der seinen Lebensplan hat, den in Milestones und Deadlines geplant hat und diesen diszipliniert verfolgt. Das sind sehr unterschiedliche Arten, unsere Karriere zu planen. (Tipp: finden Sie heraus, welches Karrieremodell zu Ihnen passt mit dem Gratis-Selbstcheck unter www.kreative-chaoten.com/selbstchecks/) In den letzten Jahren ist uns immer so vorgelebt worden, auch in Karriereratgebern, du musst ein Ziel haben. Du musst wissen, wo du hinwillst und wenn du kein Ziel hast, dann wirst du nie was erreichen. Das hat sich in den letzten Jahren massiv verändert, gerade wenn wir an Schlagworte denken wie agiles Arbeiten, dynamisches Arbeiten. Mittlerweile ist es in den Firmen angekommen und jetzt auch nach und nach in den Köpfen der Menschen. Du kannst die Karriere nicht mehr planen. Du kannst heute nicht mehr sagen, wo bin ich – smart formuliert – in fünf Jahren, so wie uns das beigebracht wurde. Du weißt heute überhaupt gar nicht, was der Markt in fünf Jahren macht. Deswegen ermuntere ich die Menschen, gerade wenn sie vom Typ her kreativer Chaot sind, sie somit auf unsere agilen Szenarien perfekt vorbereitet sind, überleg dir in welchem Korridor willst du paddeln.
Was ist die grundsätzliche Richtung, was sind die grundsätzlichen Themen, um die du dich kümmern möchtest?
Sei offen auch für das, was im Umfeld passiert und wohin die Märkte sich entwickeln. Denke sehr agil und flexibel. Mach keinen Lebensplan oder keinen Karriereplan, sondern stellt dir vielmehr die grobe Richtung vor. Leg los und behalte die Offenheit, auch darauf anzuspringen, was der Markt, was die Arbeitgeber brauchen.
Sie selbst haben schon fast zwanzig Bücher geschrieben, Sie machen Trainings und Coachings und haben einen Blog und wie schaffen Sie es denn, das alles unter einen Hut zu bringen?
Das frage ich mich manchmal auch! (lacht) Manchmal wundere ich mich tatsächlich über das Pensum, was ich stemme. Was mein Erfolgsgeheimnis ist, wenn ich den Output anschaue: Ich finde das alles mega spannend.
Ich brenne für das, was ich tue! Ich lerne so viele spannende Menschen kennen, ich lerne jeden Tag neue Themen kennen. Meine Grundmotivation ist, dass ich es liebe, mit Menschen zu arbeiten. Ich liebe es, andere Menschen zu fördern und bei der Erkenntnis zu helfen, was macht mich glücklich. Und dann Schritte zu zeigen, wie kommst du dahin. Das gebe ich dann im Blog, in Büchern, als Coach und Trainerin weiter. Diese Leidenschaft, die äußert sich dann in den verschiedenen Kanälen und das treibt mich unglaublich an und ich habe echt Freude dran.
Das Geheimnis Ihrer Produktivität ist also diese Leidenschaft?
Das Geheimnis meiner Produktivität ist einerseits die Leidenschaft. Definitiv ist es aber auch – und das habe ich erst schmerzhaft lernen müssen – was ich vorher auch gesagt habe, nämlich Pausen zu machen. Ich war früher wahrscheinlich Workaholic. Den Begriff gab es damals noch nicht. Ich habe wirklich rund um die Uhr gearbeitet, angetrieben durch die Leidenschaft, durch die Freude. Ich habe nicht gemerkt, dass ich körperlich über meine Grenzen gegangen bin. Ich hatte dann erst mal eine Knieverletzung, die mich komplett rausgezogen hat, eine sehr langwierige Kreuzbandgeschichte mit OP und Reha. Das war der erste Schuss vor den Bug, bei dem ich gespürt habe, da draußen gibt es ja auch noch jenseits der Arbeit ein Leben. Interessant, aber ich konnte das noch nicht so wirklich umsetzen. Und dann kam der zweite Schuss mit einem Bandscheibenvorfall im Nackenbereich. Das hat mich richtig zum Nachdenken gebracht, welches Tempo ich fahre. Und das hat mir wirklich beigebracht, tu weniger. Seit ich das Pensum von den Stunden her zurückgefahren habe, schaffe ich noch viel, viel mehr als früher an Output. Einfach weil ich jetzt viel konzentrierter und erholter bin. Jetzt hat dieser Spaß auch wirklich die Kraft, ausgelebt zu werden.
Der achtsame Umgang mit den eigenen Ressourcen ist in der Arbeitswelt zunehmend wichtig.
Wie kann man es schaffen, achtsam mit den eigenen Ressourcen umzugehen und Auszeiten zu nehmen?
Mein Tipp: Finden Sie heraus, welcher Auszeittyp Sie sind! Was wir momentan so häufig hören, du musst meditieren. Eine Meditationswelle geht gerade durch unsere Kultur. Meditieren ist wunderbar – wenn du jedoch ein sehr neugieriger, aktiver und wacher Mensch bist, dann kann es sein, dass du dich nach deinem vollen Arbeitstag auf die Yogamatte legst und dann geht das Gedankenkarussell erst so richtig los.
Und dann liegen wir auf der Matte und sagen: "Om, ich möchte jetzt zur Ruhe kommen." Doch dann fällt uns ein: "ich muss noch das erledigen und an dies muss ich denken". Du fängst an, im Kopf To-do-Listen zu machen. Das heißt, wenn du merkst, du kannst in der Ruhe nicht abschalten, dann such dir eine Aktivität, die beim Abschalten hilft, weil sie deinen Kopf beschäftigt.
Dann sollte ich mir eine Auszeitbeschäftigung, ein Hobby zu suchen wie Hochseilgartenklettern, tanzen gehen oder irgendetwas, bei dem ich meine Konzentration, meine Aufmerksamkeit auf die Tätigkeit lenke. Automatisch in dem Moment, wo ich die Aufmerksamkeit auf klettern oder auf das Tanzen lenke, oder auf Gespräche mit anderen Menschen, hilft das tatsächlich beim Abschalten. Und das ist genau der Weg, der uns auch wieder Kraft geben kann.
Eine Methode, um sich zu entspannen soll auch das Lesen sein. Ist das ganz altmodische Bücherlesen ein Weg zur Entspannung?
Das Lesen habe ich auch in mein Buch aufgenommen. Was ich großartig finde, ist, dass Lesen uns nicht nur entspannt, sondern sogar glücklich macht! Es ist wirklich eine Quelle, aus der wir auch wieder Glückshormone produzieren. Besonders wenn ich Bücher lese, die so einen gewissen Happiness-Faktor haben. Es gibt auch Studien, die gemessen haben, was bei uns im Körper passiert, das habe ich in meinem Buch belegt. Eine Studie hat herausgefunden hat, wenn du allein sechs Minuten am Tag liest, verlängerst du deine Gesamtlebenszeit um zwei Jahre.
Das ist erstaunlich.
Viele Menschen sagen, ich habe keine Zeit zu lesen, ich habe keine Zeit mal abzuschalten, aber die Zeit, die du investierst, schenkt dir dein Körper nach hinten raus, weil du einfach länger lebst.
Welche drei Bücher mit Happiness-Faktor – neben Ihrem Buch GlüXX Factory – können Sie unseren Lesern empfehlen?
- "Last lecture" von Randy Pausch
- "Einen Scheiß muss ich" von Tommy Jaud
- "LMAA - 66 Mini-Plädoyers für mehr Mut, Leichtigkeit und Gelassenheit" von Cordula Nussbaum
Welches Buch lesen Sie selber gerade?
Ich lese sehr viel. Aktuell lese ich gerade "Die Kunst, Chanel zu sein", die Autobiografie von CocoChanel. Ich habe auch immer parallel mehrere Fachbücher, die ich lese. Ansonsten liebe ich Romane, da kann ich richtig abtauchen, da kann ich richtig abschalten.