Gastbeitrag von Ulrike Stahl
Agil, kreativ, innovativ: Design Thinking statt Groupthink
Raus aus dem Elfenbeinturm
In unserer globalen und vernetzten Welt haben wir es mit unzähligen Informationen und einer Menge an Wissen zu tun, die vom Einzelnen weder zu überschauen noch zu bewältigen sind. Genauso schnell wie neues Wissen entsteht, veraltet das vorhandene. Je spezialisierter es ist und je kleiner der Fachbereich, umso schneller ist es überholt. Die Halbwertszeit des Wissens in technologiebezogenen Bereichen liegt gerade einmal bei zwei bis drei Jahren, bei EDV-Fachwissen spricht man sogar von nur einem Jahr. Wer in seinem Elfenbeinturm lebt und sich nicht austauscht, läuft Gefahr, wichtige Trends zu übersehen.
Traumjob finden?
Der Personal Scout der CAREERS LOUNGE sucht für Sie die ideale berufliche Herausforderung. Das Personal Scouting ist für Sie als LOUNGIST absolut diskret und vertraulich. Werden Sie hier LOUNGIST und leben Sie Ihren beruflichen Traum. LOUNGIST werden
Expertenwissen vs. Innovation
Manchen Experten fällt es nicht so leicht, sich einzugestehen, dass sie nicht alle Informationen haben, um gute Lösungen zu finden. Gerade dieser Schritt wird oft als Zeitverschwendung betrachtet. Möglicherweise würde man Informationen erhalten, die das eigene Weltbild auf den Kopf stellen. Im schlimmsten Fall müsste man den Innovationsprozess in eine ganz andere Richtung lenken als ursprünglich geplant. Um das zu vermeiden, stützt man sich lieber auf Annahmen. Dabei würde es sich lohnen, die eigene Realität regelmäßig infrage zu stellen.
Zusammenspiel mehrerer Experten
Wenn wir uns neugierig öffnen, können wir unseren Horizont deutlich erweitern. Wichtig in diesem Zusammenhang: Patente beruhen auf Expertenwissen, Innovationen auf Kooperation. Während Erfindungen meist von Einzelpersonen gemacht werden, ist Innovation die breite Durchsetzung einer Neuerung am Markt, die nur durch das Zusammenspiel verschiedener Experten möglich wird.
Hierarchische Strukturen, ergebnisorientierte Karrierepfade, konkurrierende Zielvereinbarungen und der Kampf um Budgets oder Leistungszulagen laden dazu ein, sich abzugrenzen und sich auf sich selbst zu konzentrieren. In einer vernetzten Welt ist es nicht nur sinnlos, die Dinge getrennt voneinander zu betrachten, es führt auch zu groben Fehlern und Misserfolgen.
Wissen teilen
Die neuen Werte heißen deshalb Wissen teilen, Vielfalt, sich gegenseitig bereichern und befruchten, doch vor allem Bescheidenheit und Wertschätzung: die Bescheidenheit, zu erkennen, dass Expertenwissen alleine wenig nutzt, und die Wertschätzung, dass selbst ungewöhnliche Kooperationspartner etwas dazu beitragen können, selbst besser zu werden und die eigenen Ziele zu erreichen.
Groupthink: Exzellente vs. katastrophale Entscheidungen
Die meisten Menschen haben das natürliche Bedürfnis, zu einer sozialen Gemeinschaft dazuzugehören. Sobald wir das geschafft haben und uns mit der Gruppe identifizieren, strengen wir uns an, die Zugehörigkeit zu erhalten. Gleichzeitig sind wir weniger offen für anderen Gruppen, tendieren dazu, uns stärker abzugrenzen. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass wir so eng zusammenwachsen, dass wir für viele Impulse, die die Umwelt bietet, nicht mehr offen sind. Uns geht damit wertvolle Inspiration verloren.
Schlechte Entscheidungen durch Groupthink
Das Phänomen, dass wir in einem Meeting etwas sagen wollen, uns dann aber dagegen entscheiden, weil wir das, was die Gruppe geleistet hat und wofür sie steht, nicht infrage stellen wollen, wurde 1972 von dem Psychologen Irving Janis als "Groupthink" bezeichnet. Er untersuchte, warum Teams manchmal exzellente und gleich danach katastrophale Entscheidungen treffen. Der Grund für die schlechten Entscheidungen sei der Mangel an Konflikten oder abweichenden Sichtweisen. Wenn niemand sie zur Sprache bringe, würden sie nicht diskutiert, wodurch die Alternativen auch nicht vollständig analysiert werden könnten. Das führe dazu, dass Entscheidungen getroffen würden ohne ausreichende Informationen. Groupthink verhindert häufig guten Entscheidungs- und Lösungsprozess und vor allem Innovation und Wachstum.
Groupthink verhindert einen guten Entscheidungs- und Lösungsprozess und vor allem Innovation und Wachstum, weil Entscheidungen getroffen ohne ausreichende Informationen getroffen werden.
Starre Gruppengrenzen durchlässig gestalten
Dabei kann es nie genug Intelligenz und Erfahrung geben, entsprechend brauchen wir gegenseitige Inspiration. Und damit wir diese überspringen können, müssen wir unsere starren Ich- oder Gruppengrenzen durchlässig gestalten – eher im Sinne einer Membran, als einer harten Schale. Das widerspricht aber dem bisherigen WIR-Verständnis.
Neues Wir-Verständnis
Teamgeist bedeutet für uns, in erster Linie fest zusammenzuhalten und wird vor allem dadurch gestärkt, indem sich das Team von anderen abgrenzt. Abweichler stören das Teamgefüge und Neuhinzukommende haben sich gefälligst nahtlos einzufügen. Mit der Bereitschaft, dieses Denken hinter sich zu lassen und sich der Vielfalt von Ideen und Sichtweisen zu öffnen, steht und fällt der Erfolg von echter Innovation. Das neue WIR-Verständnis muss deshalb deutlich weiter gehen: über Ego-, Team-, Abteilungs- und Unternehmensgrenzen hinaus.
Herausragende Innovationen durch Design Thinking
Design Thinking ist nicht nur eine kreative Methode, sondern eine Denkhaltung, die sowohl ermöglicht, Probleme kreativ zu lösen als auch zukunfts- und kundenorientierte Konzepte zu entwickeln. Sie wird in Unternehmen genutzt, um neue Lösungen und Produkte zu entwickeln.
Mehr Perspektiven einbeziehen
Der Erfolg ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass mehr Menschen und Perspektiven einbezogen werden als in einem üblichen Problemlösungs- oder Innovationsprozess. Entwicklung und Innovation finden häufig im Elfenbeinturm durch sogenannte Expertenteams statt. Sie alle laufen Gefahr, nach Lösungen für Probleme zu suchen, die sie nicht komplett durchdrungen haben. Häufig werden die Überlegungen von technologischer Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit getrieben.
Unterschiedliche Aspekte vereinen
Üblicherweise beginnt die Entwicklung eines neuen Produktes in der Entwicklungsabteilung. Wenn das Design weit gediehen ist, bekommt es vielleicht erstmals die Produktion zu sehen. Das Marketing entwickelt Vermarktungsstrategien und der Vertrieb schaut dann, wie er das Produkt an die Kunden bringen kann. Nicht selten schimpft die Produktion über den Unsinn, der da entwickelt wurde und der Vertrieb ist damit konfrontiert, dass das Produkt die Kundenbedürfnisse nicht voll erfüllt. Der Design Thinking-Prozess geht jedoch davon aus, dass Innovation sich nur dann durchsetzt, wenn sie in der Schnittmenge aus den drei gleichberechtigten Faktoren Mensch, Technologie und Wirtschaft entsteht. Deshalb werden all diese Aspekte von Anfang an in diesem Prozess zusammengebracht.
Mehr Durchlässigkeit durch interdisziplinäre Teams
Der Grundgedanke, der Design Thinking so erfolgreich macht, ist, dass gerade interdisziplinäre Teams echte, herausragende Innovationen erschaffen können. Dazu werden alle Disziplinen sofort in den Prozess aktiv mit einbezogen.
Der zweite Erfolgsfaktor ist die radikale Kundenorientierung. Es wird nicht nur überlegt, was der Kunde möchte oder aus Marktforschungsdaten abgeleitet - das Design Thinking Team spricht sehr früh mit potenziellen Interessenten. Das heißt, nicht nur der Vertrieb ist im Kontakt mit dem Kunden oder der technische Projektleiter stellt seine fertige Lösung vor. Kunden und Interessenten werden von allen kontaktet – lange bevor auch nur eine einzige Idee entwickelt wird.
Ein wichtiger Erfolgsfaktor beim Design Thinking ist die radikale Kundenorientierung. Es wird nicht nur Marktforschung betrieben, was der Kunde will – das Design Thinking Team spricht sehr früh mit potenziellen Interessenten.
In einem solchen Design-Thinking Team mitzuarbeiten, erfordert die oben beschriebene Durchlässigkeit in besonderem Maße. Besonders eignen sich dafür Menschen, die Expertenwissen und Offenheit, Interesse und Neugier gegenüber anderen Disziplinen, der Umwelt und anderen Menschen, kurz gesagt Kooperationsfähigkeit mitbringen. Es ist die Fähigkeit, die Hände auszustrecken und Kontakt mit anderen Wissensgebieten und Experten herzustellen.
Wissen ist in vielen Bereichen mehr als genug vorhanden. Aber erst unsere Fähigkeit und Bereitschaft, zu kooperieren, erlaubt es uns, dieses Wissen zu vernetzen und uns gegenseitig zu inspirieren. Expertenwissen wird so veredelt und nutzbar gemacht. Dadurch wird es zu lebendigem Wissen, das Innovation und gemeinsames Wachstum ermöglicht.