Gastbeitrag von Ulrike Stahl
New Work – New Mindset – New Life
Vieles, was uns bislang als selbstverständlich erscheint, wird es in dieser Form bald nicht mehr geben. Schon spüren wir den Wandel in den Unternehmen, wo sich immer öfter feste Strukturen auflösen, die Generation Y in einem völlig anderen Takt lebt und arbeitet. Ein fester Arbeitsort gehört zum Teil heute schon der Vergangenheit an – an seine Stelle treten immer öfter ein mobiler Arbeitsplatz oder – zumindest zeitweise – das Home Office. Nur logisch, dass in einem solchen Umfeld, in dem Unternehmen mehr und mehr den individuellen Bedürfnissen der Mitarbeiter gerecht werden, auch das Miteinander neu definiert werden muss. Je stärker das Individuum, umso wichtiger werden Netzwerke – ob es nun darum geht, sich in immer wieder neu zusammengestellten Teams schnell zurechtzufinden und miteinander wirksamer zu arbeiten, gemeinsam kreativer zu sein oder sich manchmal schlicht und einfach nur nicht so alleine zu fühlen.
Überwindung der reinen Lohnarbeit
Der Begriff "New Work" wurde von dem Philosophen Frithjof Bergmann geprägt, der als Begründer der New-Work-Bewegung gilt. Unter “neuer Arbeit” versteht Bergmann die Überwindung der reinen Lohnarbeit. Ziel der Arbeit ist für ihn vielmehr die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit und Kreativität. Es geht um Freiheit, Selbstständigkeit und Gemeinschaft – um schließlich eine Arbeit auszuüben, die man "wirklich, wirklich will".
Natürliche Konsequenz der Digitalisierung
New Work ist nichts anderes als die logische Folge von Digitalisierung und Globalisierung. Stück für Stück passt sich die Arbeit dem Wandel von der Industrie- zur Wissensgesellschaft an. Im Zuge dessen werden Arbeiten, die standardisierten Prozessen folgen, zunehmend von Maschinen und künstlicher Intelligenz übernommen. Was in den Händen der Menschen bleibt, ist der Schöpfungsakt: Eigene Ideen einzubringen und selbstbestimmt zu handeln, wird nicht nur möglich, sondern immer häufiger auch gefordert.
Neue Herausforderungen erfordern ein neues Mindset
New Work erfordert auch ein New Mindset. Ein Mindset, das dafür sorgt, unterschiedlichste Einflüsse und Fähigkeiten zu nutzen. Ein Mindset, das aus diesen Unterschieden ein Miteinander entstehen und so gemeinsamen Erfolg wachsen lässt. Ein Mindset, das Individuen dabei hilft, ein komplexes Netzwerk zu bilden und zu steuern. Ein Mindset, das sich anhand des Mango-Prinzips beschreiben lässt:
Miteinander
Uns abzugrenzen ermöglicht es, uns selbst durch- und über andere hinwegzusetzen. Im New Work hingegen wird Diversität großgeschrieben. Möglichst vielfältig sollen die Einflussfaktoren – ob wirtschaftlich, ethnisch, kulturell oder sozial – sein. Divers zusammengestellte Teams sollen von unterschiedlichen Erfahrungen profitieren. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, das Augenmerk nicht auf das zu richten, was die Beteiligten trennt, sondern auf das, was diese verbindet. Ein solcher Fokus unterstützt nicht nur die kooperative Zusammenarbeit, er eröffnet auch die Möglichkeit, besonders gut mit komplexen Problemstellungen zurechtzukommen.
Alle im Blick
Das Konkurrenzdenken verleitet uns zu einem Entweder-Oder-Denken. Entweder ich gehöre zu den Gewinnern und kann mich durchsetzen oder ich muss mich unterwerfen. Bei New Work geht es jedoch um Partizipation und Eigenverantwortung. Das ist kein Kuschelkurs, sondern ein echter Meinungsaustausch mit dem Ziel, zur besten Lösung zu kommen. Dazu braucht es zunächst einen eigenen Standpunkt und die Bereitschaft, diesen zu teilen. Viele Menschen wissen, was sie nicht wollen, haben aber kein klares Verständnis davon, was ihre eigentlichen Interessen, Werte und Ziele sind. Gleichzeitig geht es darum, den Kontext und die Interessen der anderen zu verstehen. Das erfordert Neugier, die Fähigkeit, Fragen zu stellen und zuzuhören.
Nutzen stiften
Im New Work geht es nicht mehr darum, wie hart jemand arbeitet, sondern welchen Nutzen er damit stiftet, sowohl für das Unternehmen als auch für die Kollegen und den Kunden. Weiterhin beinhaltet es, bei der Suche nach der besten Lösung das Ego außen vor zu lassen, den Kollegen zu helfen und Informationen proaktiv zu teilen. Gerade was das Teilen von Informationen angeht, hat man in Unternehmen jedoch oft den Eindruck, dass das eher als Holschuld, denn als Bringschuld betrachtet wird. Gründe dafür sind zum einen große Selbstzentriertheit und die mangelnde Fähigkeit, über den Tellerrand hinauszublicken, und andererseits Machtspiele, die mit Wissen (=Macht) betrieben werden.
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Gemeinsam gewinnen
Die klassische Arbeitsteilung hat uns gelehrt, dass jeder für sich dafür sorgen muss, seinen Teil der Arbeit so gut wie möglich zu erledigen. Das hat sogar dazu geführt, dass Erfolge auf Kosten anderer Beteiligter im selben Unternehmen eingefahren wurden, weil der Fokus darauf lag, als Einzelner oder als einzelne Abteilung gut dazustehen. Das genügt nicht mehr. Die im New Work immer wichtigere Wissens- und Schöpfungsarbeit kann nicht im Silo stattfinden. Es geht um vernetzte Prozesse zwischen verschiedenen Abteilungen und Wissensdisziplinen. Das erfordert abgestimmte Ziele und Strategien sowie das gegenseitige Vertrauen, gemeinsam über die Ziellinie gehen zu wollen und nicht etwaige Quick Wins mitzunehmen, um individuell gut dazustehen. Mit zunehmendem Freiraum, der Mitarbeitern gewährt wird, sowie reduzierten Hierarchien und Prozessen gibt es auch immer weniger Vorgaben und Hinweise, wie man es machen muss. Durch mehr Transparenz, mehr Informationen und Hintergrundwissen soll jeder Mitarbeiter in die Lage versetzt werden, selbst die Entscheidungen zu treffen, die den Erfolg des Unternehmens ermöglichen. Das heißt aber auch, dass diese Verantwortung übernommen werden muss. Nicht jeder ist dazu bereit.
Offenheit
Gerade Start-ups, die mit disruptiven Ideen auf den Markt kommen, setzen auf schnelles Lernen. Der Schritt auf den Markt erfolgt nicht erst dann, wenn Perfektion erreicht ist, sondern bereits im Beta-Stadium. Im New Work gilt es, in allen Bereichen flexibel und offen zu bleiben, um sich auf andere Vorgehensweisen und Ideen einlassen zu können. Wer aktiv den Austausch mit Menschen sucht, die anders sind als er selbst, profitiert durch neue Sicht- und Herangehensweisen. Aus anfänglichen Überraschungsmomenten entwickeln sich nicht selten Chancen, von denen New Work Teams auf für den Einzelnen unvorstellbare Weise profitieren können. Ein Abenteuer, das sich lohnt!
Die Idee von New Work ist es auch, die Potenzialentfaltung in die Hände der Mitarbeiter zu legen. Es besteht der Freiraum, sich zu entwickeln, damit aber gleichzeitig die Verpflichtung, für die eigene Entwicklung Verantwortung zu übernehmen und sich immer wieder neuen Herausforderungen zu stellen. Wer diese Reise mit einem neuen Mindset antritt, wird New Work nicht länger als ängstigende Veränderung, sondern als spannende Herausforderung betrachten. Und damit zugleich ein New Life einläuten!