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Gastbeitrag von Carolin Wolf

Gemeinsam Denken und Handeln – Die Erfolgsfaktoren in ungewissen Zeiten

Wenn uns die letzten Monate eines gelehrt haben, dann folgendes: Gewiss ist, dass es ungewiss ist. Wie kann es nun in einem Umfeld von Ungewissheit gut gelingen, handlungsfähig zu bleiben?

CAREERS LOUNGE präsentiert Gastbeiträge: Carolin Wolf
Gemeinsam Denken und Handeln.

Egal ob Start-up oder lang bewährtes Unternehmen - es geht immer darum, wirksam zu sein, das heißt als Team gut in ein gemeinsam getragenes Handeln zu kommen. Hierfür wird gemeinsames Denken benötigt, welches die aktive Beteiligung aller beinhaltet. Eintrittskarte ist ein Umfeld, welches hierzu nachdrücklich einlädt.

Wie tun wir etwas?

Während die Frage: Was willst du wirklich, wirklich tun? sehr vertraut ist, kommt die Frage nach dem Wie tun wir etwas? häufig zu kurz. Gerade in Hinblick auf das zweite Quartal 2020 ist diese Frage jedoch besonders wichtig. Die überwiegende Anzahl der Führungskräfte und Mitarbeitenden haben in den letzten drei Monaten entscheidende Veränderungen durchlebt. Der Wechsel von Arbeit im Unternehmen vor Ort hin zum Home-Office ist nur ein Beispiel. Einigen Unternehmen ist die regelmäßige Reflexion über das wie in diesen Zeiten der massiven Veränderung gut gelungen. Andere sind abgetaucht in Aktionismus, wieder andere in ein Vakuum / Stille. Dabei ist in Zeiten digitaler Führung das gemeinsame Innehalten verbunden mit der Prozessreflexion entscheidend. Vor allem dann, wenn sich diese Frage auf die gemeinsam verbrachte Zeit – zum Beispiel in Meetings – bezieht.

Gelingende Begegnungen im virtuellen Raum

Die Herausforderung gelingender Begegnung insbesondere in virtuellen Meetings ist branchenübergreifend. Im Alltag zeigt sich jedoch nicht selten der Rückgriff auf altbewährte – und häufig wenig nützliche – Rituale, selbst bei Start-ups. Das Abgleiten in Electronic Multitasking mit dem Ergebnis der geteilten Aufmerksamkeit ist nur eine der Hürden für gemeinsames Denken. Gehen wir allerdings davon aus, dass wir uns in einer Welt befinden, die sich aktuell noch stärker als vor einigen Monaten mit dem Akronym VUKA (volatil, unsicher, komplex und ambig) beschreiben lässt, dann ruft dies explizit nach dem Einsatz mehrerer Köpfe mit gemeinsamem Fokus. Mit anderen Worten nach Begegnungen, die eine Zufriedenheit hinsichtlich Verlaufs- und Ergebnisqualität beinhalten. Gemeinsames Denken und Handeln ist gefragt.

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Virtuelle Führung braucht gemeinsamen Sinn

An dieser Stelle lohnt sich ein Blick auf die zentralen Türöffner für gemeinsames Denken: In Zeiten der virtuellen Führung beinhaltet dies natürlich das Vorhandensein der notwendigen technischen Voraussetzungen. Hierzu zählen Videotools, die Begegnung ermöglichen, ebenso wie der Einsatz passender Kollaborationssoftware oder aber auch schlicht der Datenzugang für alle Beteiligten. Hierauf aufbauend kann der zentrale Türöffner für gemeinsames Denken und Handeln, die ernstgemeinte Partizipation, das Mitgestalten, einsetzen. Dies setzt eine Klarheit über einen gemeinsam getragenen Sinn, also eine Antwort auf das jeweilige Wofür machen wir das jetzt? ebenso wie eine Klarheit über das gemeinsame Spielfeld hinsichtlich des vorhandenen Handlungs- und Entscheidungsspielraums voraus. Nicht zu vergessen ist eine Kultur des gemeinsamen Lernens und der Fehlerfreundlichkeit. Erkennbar sind diese Punkte unter anderem auch an der kontinuierlichen Reflexion: ein stetiges Act and Reflect mit dem Blick auf das oben bereits genannte wie. In dieser Retrospektive zählt die Frage nach dem, was gelungen ist ebenso wie die im Miteinander erlebten Hürden und beinhaltet die daraus abgeleiteten Verabredungen, auch lessons learned genannt. Einen Einstieg ermöglicht die von Frederic Laloux beschriebene Frage: “Wie würde unsere Organisation das heutige Meeting bewerten?“.

Ungewissheit als Rahmenbedingung anerkennen

Gemeinsames Denken und Handeln in VUKA-Zeiten sieht Ungewissheit nicht als vorübergehende Erscheinung, sondern als dauerhafte Rahmenbedingung. Dies erfordert einen geübten Umgang mit Ambivalenzen und den Mut, auch in einem komplexen Umfeld mit unklarer Faktenlage Entscheidungen zu treffen. Wohl wissend, dass nicht getroffene Entscheidungen ein deutlich höheres Innovationsrisiko bedeuten als eine falsch getroffene Entscheidung.

Den Zufall als Chance sehen

In einem Umfeld, welches durch Ungewissheit geprägt ist, können die Grundprinzipien der von Saras D. Sarasvathy beschriebenen Denk- und Entscheidungslogik des Effectuation sehr hilfreich sein. Hier wird nicht versucht das Unvorhergesehene zu vermeiden, sondern der Zufall als Chance gesehen und Unvorhergesehenes inklusive möglichem Scheitern mitgedacht. Das Agieren unter Ungewissheit ist für viele Mitarbeitende und Führungskräfte eine besondere Herausforderung. Denn eine gewohnt eindeutige Richtungsvorgabe kann vor dem Hintergrund der Ungewissheit meist nicht gegeben werden. Benötigt wird von allen Beteiligten die Bereitschaft iterativ, sprich Schritt für Schritt, vorzugehen. Von Gunther Schmidt auch gerne als „Segelns auf Sicht“ bezeichnet. Hierfür benötigen wir neben der Risikofreude auch Entscheidungsverfahren, die das Wissen und die Kompetenz aller anwesenden Köpfe nutzen.

Spielerisch, rebellisch und wagemutig – eine stimmige innere Haltung und Ausrichtung des Einzelnen als Antwort auf die VUKA-Welt

Ein Umfeld von Ungewissheit führt uns in der Regel aus unserer Komfortzone. Gleichzeitig ist es per se häufig die Einladung für Veränderung und Innovationen. Neues entsteht nicht selten gerade dann, wenn es zunächst vermeintlich sperrig und unbequem scheint. Gelingt das Anerkennen von Komplexität anstelle der Verleugnung oder dem ausschließlichen Investieren von Energie in das Aufrechterhalten des Bisherigen, ist ein wichtiger Schritt gemacht. In einer Gruppe bedeutet dies im Gespräch, gerade bei zunächst verstörenden Äußerungen anderer nachzufragen, mit der Absicht, es wirklich verstehen zu wollen, um somit zu noch besseren Ideen zu kommen. Ich bleibe also neugierig und schaffe mir vor ein Forschungsumfeld, welches neue Entwicklungen aktiv einlädt. Gelingt dies, kann ich mir mit Leichtigkeit die von Otto Scharmer beschriebenen „Landebahnen für die Zukunft“ bauen.

Ein Werkzeug für alles – nein danke

Schauen wir auf die Herausforderungen der VUKA-Welt, scheint es fast rührend, wie sich das Veränderungstempo und die Komplexität der zu bearbeitenden Themen erhöht, die Meetingformate jedoch unverändert bleiben. Gerade in Zeiten digitaler Führung wird häufig weiterhin nach einer eins-zu-eins Übersetzung der analogen Meetingabläufe gesucht. Dabei wirkt es wie eine Selbstverständlichkeit, das eine Meetingformat für die unterschiedlichsten Herausforderungen zu praktizieren. Privat hätten wir zweifelsfrei auch nicht die Idee, mit einem Hammer eine Schraube einzudrehen und anschließend den Abfluss zu reparieren. So führte der Organisationsberater und Systemforscher Peter Senge bereits 1998 aus, dass eine lernende Organisation sinnvoller Weise in den eingesetzten Formaten Diskussion und Dialog gleichermaßen trainiert und praktiziert.

Das Vorhandene Potenzial voll ausschöpfen – Die Kunst gemeinsam zu denken

Unabhängig davon, ob Start-Up oder nicht, einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil haben in jedem Fall diejenigen, denen es gelingt, ihr Werkzeug zum Gemeinsamen Denken und Handeln an die Anforderungen der VUKA Welt anzupassen und regelmäßig weiterzuentwickeln. Die aktuellen Herausforderungen im Rahmen der Corona Pandemie rufen lautstark nach einem aktiven Umgang mit Ungewissheit, der Komplexität nicht ausblendet oder ignoriert, sondern würdigt und mit gezielter Kollaboration begegnet: Gemeinsam Denken braucht viele Köpfe.

Das Buch zum Thema

Buchtipp: Gemeinsam Denken von Carolin Wolf

 

CAREERS LOUNGE BUCHTIPP:

Carolin Wolf: Gemeinsam Denken. Die VUKA-Welt braucht mehrere Köpfe

1. Auflage BusinessVillage 2019
240 Seiten
ISBN 978-3-86980-470-5
24,95 Euro

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