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Gastbeitrag von Anne M. Schüller

Wie man künstliche Intelligenz mit der "Weisheit der Vielen" verknüpft

Die zunehmende Zusammenarbeit mit künstlichen Intelligenzen (KI) sorgt nicht nur für Fortschritt. Sie schafft auch Freiraum, damit man sich im Unternehmen auf das Wesentliche konzentrieren kann: auf Kreativität als Schlüsselressource der Zukunft und ein intensives Ausschöpfen der "Weisheit der Vielen".

CAREERS LOUNGE präsentiert Gastbeiträge: Anne M. Schüller
Anne M. Schüller – Die "Weisheit der Vielen"

"Wenn künstliche Intelligenz unsere Aufgaben übernimmt, wird Menschlichkeit unser neues Alleinstellungsmerkmal", schreibt Miriam Meckel, Herausgeberin der Wirtschaftswoche, in einer ihrer Kolumnen. So geht es in Zukunft nicht nur um die technologische Weiterentwicklung, sondern immer auch um mehr Menschlichkeit in den Unternehmen.

Parallel zur fortschreitenden Digitalisierung und angesichts der Einschränkungen durch Corona entsteht zunehmend der Wunsch nach realen Begegnungen, gemeinsamen Ergebnissen und freudvollem Miteinander.

"Die digitale Transformation wird die persönlichen Beziehungen niemals ersetzen", sagt der global tätige Futurist Gerd Leonhard. Viel anfänglich Begeisterndes aus dem digitalen Paralleluniversum gehört für den User schon so sehr zum Alltag, dass es wie selbstverständlich in den Hintergrund rückt. Lebensqualität schiebt sich fröhlich nach vorn. Dabei wird Online mit Offline in Echtzeit gemixt.

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KI und Co: Bedrohung oder Freund und Helfer

In westlichen Kulturen werden Denkmaschinen und Roboter meist als Bedrohung gesehen, die eines Tages womöglich die Menschheit vernichten – ein Glaube, an dem die amerikanische Filmindustrie nicht ganz unschuldig ist. In asiatischen Kulturen hingegen gelten Roboter als etwas Gutes. Deshalb kommen sie dort auch so niedlich daher. In humanoider Form sind sie viel kleiner als wir, um uns keine Angst zu machen. Und ihre Gesichter entsprechen dem Kindchenschema. Das macht sie annehmbar und erleichtert den Zugang, ein Umstand, der die fernöstliche Wirtschaft boomen lässt. Westliche Roboter hingegen sehen meist wie Erwachsene aus. Wir gehen mit ihnen auf Konfrontation und übertragen unsere Furcht vor ihnen auf jede Art von KI. Doch statt Panikmache und Abwehr sollten wir uns besser – ohne Blauäugigkeit und mit wachem Blick auf die Risiken – konstruktiv mit der Ausgestaltung von Möglichkeiten befassen. Und statt über den Verfall von Arbeitsplätzen zu lamentieren, sollten wir uns lieber für die Berufe der Zukunft rüsten. Denn was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert. Die Mensch-Maschine-Kooperation ist ein unumgänglicher Weg.

KI kann zigtausend Dinge tun, die im betrieblichen Alltag wertvoll sind, um die qualitative Arbeit der Beschäftigten zu erhöhen, wie etwa dies: Prozesse optimieren, Interaktionen automatisieren, Wahrscheinlichkeiten algorithmieren, Vorhersagen treffen. Menschen hingegen sind genau dann gefragt, wenn kontextbezogene frische Herangehensweisen benötigt werden, die man auch mit einer Fülle von Daten nicht "berechnen" kann. Ideen mit Charakter sozusagen. Um an diese zu gelangen, braucht es zweierlei: Kreativität und die "Weisheit der Vielen".

Warum die "Weisheit der Vielen" so wertvoll ist

Bereits vor Jahren hat der Soziologe James Surowiecki in seinem Weltbestseller The Wisdom of the Crowds anhand vieler Beispiele gezeigt, dass eine Gruppe in aller Regel "klüger ist als ihr gescheitestes Mitglied". Allerdings nur dann, wenn ihre Zusammensetzung inhomogen ist. Denn homogene Gruppen, also solche mit gleichartigen Mitgliedern, neigen zur Konformität, zum Konsens, zum Griff nach Routinen – und nur selten zum Erkunden von neuem.

Der Zugewinn einer inhomogenen Gruppe ergibt sich aus den unterschiedlichen Denkweisen ihrer Mitglieder und einer damit verbundenen Experimentierfreudigkeit. Kluge Entscheidungen kann die Gruppe aber immer nur dann treffen, wenn sie in ihrer Meinungsbildung unabhängig ist, wenn jeder Teilnehmer Zugang zu allem entscheidungsrelevanten Wissen hat und wenn er seine Meinung frei äußern kann. Dauerbefehle von oben hingegen, Abteilungskonformismus und das "Schweigen der Lämmer" machen eine Organisation "schwarmdumm" (Gunter Dueck). Und das wiederum führt zum Abschied von jeder Vortrefflichkeit – und am Ende ins Aus.

Die in der Sharing-Economy sozialisierte junge Generation hat längst verstanden, wie arm man bleibt, wenn man alles für sich behält, und wie reich man wird, wenn man teilt. Das gilt vor allem für Wissen. Es verflüchtigt sich bekanntlich, wenn man es hortet. Wenn Wissen hingegen frei seine Bahnen zieht, durch KI unterstützt wird, und sich weitläufig vernetzt, kann dies zu erstaunlichen Fortschritten führen.

Kreativität ist die Schlüsselressource für Innovationen

Kreativität ist wie eine launische Diva, die die richtigen Umstände braucht. Heiterkeit und Muße gehören dazu. Deshalb wird in florierenden New-Economy-Firmen auch so viel Wert auf ein inspirierendes Umfeld gelegt. Hingegen killen Kontrolle von Oben und das Machtwort der Chefs jegliche Kreativität. "Dienst nach Vorschrift" und das Abarbeiten vorgedachter Verfahrensweisen lassen zudem jede Eigeninitiative versanden. Die heute so dringend benötigten innovativen Ideen sind dann unerreichbar.

Deshalb haben althergebrachte Führungskräfte in Innovationskreisen nichts zu suchen. Nur wenn die Leute unter sich sind, können selbst die abwegigsten Ideen mutig und angstfrei diskutiert werden. Und nur in einer autoritätsfreien Umgebung werden selbst "heilige Kühe" an den Hörnern gepackt, um dem Neuen eine Chance zu geben.

Doch selten sind es Heureka-Momente, die Innovationen zugrunde liegen. Meist beginnt alles mit einem Ideenfunken, der sich durch gemeinsame Anreicherung langsam in etwas Bahnbrechendes wandelt. Jeder Gedanke wird klüger, schärfer, präziser, wenn man ihn mit anderen teilt. Dazu nutzt man also am besten die "Weisheit der Vielen" und integriert jeden hilfreichen Einfall, ganz egal, von welcher Seite er kommt.

Das Buch zum Thema

Buchtipp: Die Orbit-Organisation

 

 

CAREERS LOUNGE BUCHTIPP:

Anne M. Schüller, Alex T. Steffen: Die Orbit-Organisation

Gabal Verlag
ISBN: 978-3-86936-899-3
3. Auflage 2019
368 Seiten, gebunden
€ 34,90 Gebundene Ausgabe, Bezug über amazon
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Zur Website von Anne M. Schüller

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