Gastbeitrag von Anne M. Schüller
Unternehmenskultur: Wie Angst entsteht – und wieder vergeht
Auch im betrieblichen Alltag gilt: Treffen zwei Menschen aufeinander, entscheiden Strukturen im Gehirn, als limbisches System bezeichnet, ohne unser Zutun und in rasender Geschwindigkeit: Freund oder Feind. Warum so eilig? Bei jeder Begegnung müssen wir blitzschnell erkennen: Bringt der andere uns Gutes oder droht uns Gefahr?
Schnelles Denken
Jedem ist das schon passiert: Ohne dass wir so recht wissen, warum, finden wir eine neue Bekanntschaft schon nach wenigen Momenten sympathisch – oder auch nicht. Wie so etwas kommt? Innerhalb von Millisekunden wird unser Vertrautheitsgedächtnis abgegrast und mit gespeicherten emotional markierten Vorerfahrungen abgeglichen.
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Wertvolles System
Auch wenn solche (Vor-)Urteile oft unberechtigt sind oder auf die falsche Fährte führen: Das System als solches ist Gold wert. Denn in akuten Gefahrenmomenten springt unser Denkhirn viel zu langsam an, um uns in Alarmbereitschaft zu versetzen. Die Intuition, gespeist aus der Summe aller Erfahrungen, ist schneller als der Verstand.
Wie das zerebrale Alarmsystem eine Führungskraft decodiert
Unser Überleben hängt von einem blitzschnellen Alarmsystem ab. Zuständig dafür ist die Amygdala, eine zweifach angelegte daumennagelgroße zerebrale Struktur. Sie spürt Bedrohungen kommen und schaltet in einem solchen Fall vollautomatisch und im Bruchteil einer Sekunde auf ein Notfallprogramm um: panikartige Flucht, dosierter Angriff oder atemloses Erstarren – je nachdem, was gerade die passendste Lösung ist.
Dazu sucht die Amygdala ohne Unterlass nach freundlichen Gesten – aber auch nach Gefahren, die zum Beispiel von einem Höhergestellten ausgehen könnten. Unaufhörlich interpretiert sie die Bedeutung nonverbaler Mitteilungen über Gestik und Mimik. Gesichter sind ihr dabei besonders wichtig. Denn selbst die kleinste Erregung erzeugt dort Mikrobewegungen, die sie decodiert.
Jede Geste wird registriert
Ferner sondiert sie jede noch so leise Veränderung in der Stimme. Zudem erschnuppert sie Absichten in unserem Schweiß. So versorgt sie uns mit einem steten Fluss von Informationen, etwa, wenn es um die Intentionen einer Führungskraft geht: „Das hat ihn interessiert … Das hat ihn gelangweilt … Das machte ihn nachdenklich … Da zögerte er … Jetzt sieht es so aus, als ob ihm mein Vorschlag gefällt … Halleluja, geschafft!“
Verängstigte Mitarbeiter sind eine große Gefahr
In Momenten höchster Not können nur noch Routinen abgespult werden. In Urzeiten war dieser Mechanismus auch sinnvoll, denn langes Nachdenken im Augenblick der Gefahr wurde schnell mit dem Leben bezahlt. Heute ist es genau umgekehrt. Blackouts im Business sind „tödlich“. Über Angst, Unbehagen und Druck zu führen ist deshalb genauso falsch wie über Angst, Furcht und Schrecken zu verkaufen.
Angst paralysiert
Angst paralysiert und macht dumm. Die Erklärung dafür ist einfach: Bei Angst und Bedrohung sind die Verbindungsstellen entlang der Nervenbahnen, die sogenannten synaptischen Spalten, blockiert. In dem Fall können die Hirnströme nicht ungehindert fließen und wir können nicht mehr klar denken. Zudem sorgt Angst auch dafür, dass man rationalen Argumenten nicht mehr zugänglich ist.
Mit Angst im Nacken laufen wir zwar schneller, aber nur ein ganz kurzes Stück. Danach sind wir vollkommen ausgepowert. Ständiger Druck versetzt den Körper in permanente Alarmbereitschaft, mindert seine Leistungskraft und ruiniert unsere Gesundheit. Der Dauerbeschuss von Stresshormonen unterdrückt die körpereigenen Abwehrkräfte, schwächt unser Immunsystem und macht uns chronisch krank.
Wie man den Weg aus der Angst am besten gestaltet
In Situationen, die mit Angst, Druck, Stress oder Bedrohung verbunden sind, erfordert es unseren ganzen Willen, sich dem Reflex von Angriff oder Flucht zu entziehen. Wird eine Belastung, weil von „Oben“ gesteuert (wie etwa Deadlines oder angedrohte Sanktionen), unkontrollierbar, kommt sogar Panik ins Spiel. Aus der anfänglichen Angst wird Resignation, Verzweiflung, Ohnmacht, Hilflosigkeit und Apathie.
Kontrolle gewinnen
Dies kann bis zum körperlichen, geistigen und seelischen Kollaps führen. Das beste Gegenmittel: dem Betroffenen ermöglichen, in kleinen Schritten die Kontrolle zurückzugewinnen. Erst dann, wenn wir eine Situation (wieder) beherrschen, schlägt Angst in Erleichterung um, wir gewinnen Zuversicht, entwickeln Selbstvertrauen und Mut. So kann eine anfängliche Bedrohung nun zu einer Herausforderung werden.
Der Zuspruch Dritter spornt dabei zusätzlich an. Das Wissen, in der Not nicht allein zu sein, ist ungemein tröstlich und mildert Angst. Wohlmeinender Beistand kann vor allem dann, wenn er aus dem nahestehenden Umfeld kommt, sogar die größte Angst ganz vertreiben. Durch mehrmalige erfolgreiche Wiederholungen lernen wir schließlich, unsere Defizite und die damit verbundenen Ängste aus eigener Kraft zu besiegen.
Kreativität kann nur in einem angstfreien Umfeld gedeihen
Übellaunige, einschüchternde, herumkommandierende, machtbesessene Chefs stellen für Mitarbeiter eine permanente Bedrohung dar. Sie signalisieren dem Gehirn: Lebensgefahr. Dies führt zu einer Explosion der Stresshormone. Autoritätsangst macht die Mitarbeiter mundtot und drängt sie ans untere Ende ihrer Möglichkeiten.
Chef als Stressfaktor
Verängstigte Mitarbeiter machen allenfalls „Dienst nach Vorschrift“, denn dann kann ihnen nichts passieren. Wird Angst also aus machtpolitischen Gründen erzeugt, ist das töricht - und geradezu toxisch. Insgesamt werden die Fehlzeiten steigen, Frustration, Misstrauen und Mobbing nehmen zu, die Fluktuation weitet sich aus. Deshalb ist es zunächst die Angst, die aus den Unternehmen verschwinden muss.
Mitarbeiter brauchen ein Umfeld, das Mut fördert
Das Gegenteil von Angst ist Mut. Mitarbeiter brauchen also ein Umfeld, in dem sie mutig sein dürfen. Auch Kreativität, der Rohstoff für Innovationen, kann nur dann entstehen, wenn man keine Angst haben muss. Zwischen den Synapsen muss es also verstopfungsfrei fließen. Kopfarbeiter brauchen freundliche und inspirierende Chefs. Nur dann können sie ihr intellektuelles Potenzial voll und ganz zur Verfügung stellen.
Positive Umstände fördern den Erfolg
Unter positiven Umständen lernt und performt unser Hirn sehr viel besser. Man glaubt an sein Potenzial und die Aussicht auf Erfolg. Man beschäftigt sich mehr mit dem Pro als mit dem Kontra. Man wird offener und damit ideenreicher. Man wird agiler und schreitet zur Tat. Die Dinge gehen locker und leicht von der Hand. Man sieht vor allem die Chancen – und kommt über Hürden behände hinweg.