Gast-Interview mit Tom Diesbrock
„Ich empfehle eine aktive Karrierestrategie, also eigene Ziele zu entwickeln.“
„Kopf aus dem Sand“ heißt ihr neues Buch. Warum stecken viele Menschen den Kopf denn zunächst mal hinein, wenn sie in eine Krise geraten?
Tom Diesbrock: Das ist ein sehr menschliches Phänomen, das wir wohl alle kennen. Sich mit einer schwierigen Situation auseinanderzusetzen, ist nun einmal nicht sehr angenehm und löst alle möglichen Ängste und inneren Widerstände aus. Kein Wunder also, wenn wir zuerst einmal versuchen, das Problem entweder zu ignorieren und klein zu reden - oder uns einreden, dass wir ihm hilflos ausgeliefert sind und sowieso nichts daran ändern können. Also: Kopf in den Sand! Erst wenn man sich traut, sich die Lage genau anzuschauen, bekommt man genug Abstand und einen kühleren Kopf und wird wieder handlungsfähig.
Ist die aktuelle Situation prekärer für Menschen in einer Krise, als zuvor?
Tom Diesbrock: Für viele Menschen ist momentan wohl besonders schwierig, dass wir alle so eine Krise noch nie erlebt haben. Und wir nicht absehen können, was noch vor uns liegt und welche mittelfristigen Probleme daraus entstehen werden. Eine Situation nicht kontrollieren zu können, ist für die meisten von uns nur schwer auszuhalten. Vor allem wenn man sein Leben und seine Karriere bisher stark daran ausrichtete, von außen Stabilität und Angebote zu bekommen - ohne selbst zu entscheiden, wie man leben und arbeiten möchte. Ich empfehle meinen LeserInnen daher eine aktive Karrierestrategie, also die Sache selbst in die Hand zu nehmen und eigene Ziele zu entwickeln.
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Warum fällt es den meisten Menschen so schwer, zuzugeben, dass sie in einer echten Krise stecken, durch die man nicht mit einem verlängerten Wochenende oder ein bisschen mehr Sport wieder herauskommt?
Tom Diesbrock: Wir greifen unter Stress eben zuerst zu Lösungen, die wir kennen und die sich - vermeintlich! - bewährt haben. Das ist schließlich auch bequemer, als neue, unbekannte Wege zu gehen. Wir haben bisher unsere Nägel immer mit dem Hammer in die Wand bekommen? Dann machen wir das mit Schrauben natürlich genauso. Und ja: Wenn der Stresspegel hoch und der Tunnelblick eng sind, fällt es uns viel schwerer, uns selbst und unsere Bedürfnisse ernst zu nehmen - auch wenn es uns gerade richtig mies geht.
Was ist der wichtigste Schritt, nachdem man erkannt hat, dass man in einer Krise steckt und noch dazu den Kopf im Sand hat?
Tom Diesbrock: Den Kopf gaaaaanz langsam rausziehen. Und dann erstmal innehalten. Denn einer der schlimmsten Fehler, die man in so einer Situation machen kann, ist es, in Aktionismus auszubrechen und nach irgendeiner Lösung oder dem nächstbesten Job zu greifen. Denn das ist meistens keine Lösung, sondern eher Teil des Problems! Es ist verständlich, wenn jemand eine Krise nur möglichst schnell hinter sich lassen will. Und es erscheint einem vielleicht sogar paradox, dass man erst einmal etwas Ruhe und Zeit braucht, um sich zu besinnen, die Wunden zu lecken und dann einen guten Plan zu machen. Aber so bewältigt man Krise wahrscheinlich schneller, als wenn man auf Teufel komm raus aktiv wird.
Daher ist der vielleicht wichtigste Schritt: sich erst einmal gar nicht zu bewegen.
In Ihrem Buch gibt es eine Reihe von Fragelisten zur Selbstanalyse. Kommt man damit dahinter, ob es sich um eine Krise handelt, bei der man besser professionelle Hilfe in Anspruch nimmt?
Tom Diesbrock: Ja, das könnte eine der möglichen Konsequenzen sein. Die Fragelisten sind aber viel weiter angelegt und möchten die LeserInnen anregen, einen möglichst breiten und differenzierten Blick auf ihre Situation zu werfen. Stellt jemand dabei fest, damit überfordert zu sein und sein Krisenmanagement nicht selbst schaffen zu können, dann ist es tatsächlich ratsam, sich professionelle Unterstützung zu holen.
Dieser Hinweis ist vor allem wichtig, wenn Menschen zu dem Glauben neigen, alles immer allein schaffen zu müssen. Was im Grunde ein Kinderglaube ist…
Haben Sie vor allem Leser im Sinn, die in einer beruflichen Sackgasse stecken?
Tom Diesbrock: Ich möchte alle LeserInnen ansprechen, die gerade in einer beruflich schwierigen Lage sind. Das kann eine mentale oder tatsächliche Sackgasse sein - wenn zum Beispiel keine Weiterentwicklung möglich ist oder jemand sehr unzufrieden ist, aber nicht weiß, wie er Alternativen entwickeln kann. Ob man durch äußere Bedingungen oder eher eine mentale Blockade in einer Sackgasse steckt, kann man manchmal gar nicht so genau sagen. Mein Ziel ist es, diese Menschen abzuholen, wo sie gerade sind, und behutsam zu analysieren: Was machte ihre Situation so problematisch? Welche Rolle spielen dabei Denkverzerrungen und Ängste? Um dann konkrete Lösungsstrategien oder auch berufliche Alternativen zu entwickeln.
Sie raten dem Leser in ihrem Buch oft dazu, die Dinge aufzuschreiben. Warum?
Tom Diesbrock: Das hat mehrere Gründe: Was wir aufschreiben, müssen wir ernster nehmen als etwas, das wir nur denken – gerade, wenn es um Erkenntnisse über Ängste, innere Widerstände und destruktive Denkmuster geht, die wir uns nur ungern anschauen. Mit dem, was schwarz-weiß vor uns aufgeschrieben steht, können wir gezielter und differenzierter umgehen, weil dadurch Abstand entsteht und wir uns besser mit dem Problem befassen können.
Schließlich ist auch das Notieren von positiven Dingen, Ideen und Wünschen hilfreich. Denn das Aufgeschriebene regt unsere grauen Zellen zum Weiterdenken an, sodass sich Gedanken entwickeln können. Solange wir nur grübeln, wird nicht viel Neues entstehen. Kreative Prozesse sind kaum denkbar, ohne dass man Ideen visualisiert.
Weiteres im Buch:
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