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CAREERS LOUNGE präsentiert Personalities: Maike van den Boom (Teil 1)

Maike van den Boom hat es sich zum Ziel gesetzt, einen Beitrag zu einem glücklichen Deutschland zu leisten. Deshalb reiste sie um die halbe Welt: Costa Rica, Dänemark, Island, die Schweiz, Finnland, Mexiko, Norwegen, Kanada, Panama, Schweden, Australien, Kolumbien und Luxemburg. Immer auf der Suche nach dem Glück. Sie befragte Menschen in 13 Ländern, was sie glücklich macht. Ihr enormes Praxiswissen zum Thema Glück präsentiert sie in Vorträgen, Seminaren und in ihrem Buch unterhaltsam, neu und überraschend, mit einer Prise holländischen Humors.

CAREERS LOUNGE präsentiert Personalities: Maike van den Boom
Maike van den Boom – Glücksforscherin, Speaker, Trainerin

CAREERS LOUNGE: Frau van den Boom, Sie sind um die halbe Welt gereist auf der Suche nach dem Glück. Was haben Sie herausgefunden, was sind die wesentlichen Glücksfaktoren? Macht Geld vielleicht doch glücklich?

Maike van den Boom: Was ich festgestellt habe: Es gibt Glücksfaktoren, die in der ganzen Welt gleich sind. Ob man in Israel nachfragt oder in Costa Rica oder in Australien, es sind vor allen Dingen Prioritäten, die die Menschen einfach anders setzen als wir hier in Deutschland. Geld macht nur bis zu einem bestimmten Maße glücklich. Wichtiger sind aber ganz andere Dinge, die auch für uns in Deutschland zählen, wie die Verbundenheit mit anderen Menschen, das Wir-Gefühl, Vertrauen zu haben und die persönliche Freiheit, also selber dein Leben so zu gestalten, wie du es selber willst, unabhängig von externen Faktoren. Und dann selber die Verantwortung dafür zu übernehmen. Es ist eine andere Haltung zum Leben, die diese Menschen glücklich macht.

Wie wesentlich ist der Faktor Zeit? Macht es glücklich, viel Zeit zu haben?

Zeit ist ein ganz wichtiger Faktor. Die Menschen in Lateinamerika, aber auch in Skandinavien haben mir gezeigt, dass Zeit der eigentliche Reichtum des Lebens ist und nicht das Geld. Zeit wird in lateinamerikanischen Ländern ganz anders gelebt als bei uns in Deutschland, das könnten wir kaum nachleben. Die skandinavischen Länder, unsere Nachbarn, machen es uns praktikabel vor: Sie nehmen sich mehr Zeit für andere Menschen, persönliches Engagement oder Hobbies. Die Uhren ticken dort einfach langsamer. Das hat damit zu tun, dass andere Dinge wichtig sind. Erfolg wird ganz anders definiert als bei uns.

Erfolg bedeutet dort zum Beispiel, dass man seinen Kindern Werte beibringt, sich sozial engagiert und ein gutes soziales Netzwerk besitzt. Erfolg ist, Dinge zu erreichen, die einem wichtig sind, unabhängig von Status oder Materiellem.

Sie sagen, dass glückliche Menschen erfolgreicher sind. Weshalb ist das so?

Glückliche Menschen nutzen ihr gesamtes Potential viel besser als weniger Glückliche. Wenn ich selber gestresst bin, merke ich, dass ich nicht mehr so klar denken kann. Die Gehirnforschung zeigt, wenn man gut drauf ist, ist der ganze kognitive Rahmen, den man zur Verfügung hat, geöffnet. Man ist kreativer, sieht viel schneller Lösungen und ist viel relaxter im Leben. Ob glücklichere Menschen erfolgreicher sind, kann die Gehirnforschung noch nicht messen. Letztendlich wurde aber bei einer Studie festgestellt, dass Unternehmen glücklichere Mitarbeiter wertschätzen, weil diese mehr Engagement zeigen. Diese Unternehmen haben eine geringere Mitarbeiterfluktuation und eine bessere Kundenbindung, weil die persönliche Ebene besser ist. Es geht weniger Energie in Form von Reibungsenergie verloren.

Ist es nachgewiesen, dass glücklichere Mitarbeiter produktiver sind?

Ob sie produktiver sind, hängt nicht nur von den Mitarbeitern ab, sondern auch von der Arbeitsumgebung in der sie sich befinden. Ich kann wahnsinnig innovative Ideen haben, sobald die aber im Treibsand unmotivierter Kollegen stranden, kann ich nicht produktiv sein. Abgesehen davon: In den Glücksländern geht es jedoch nicht darum, dass jemand erfolgreicher, produktiver oder besser ist. Es ist ein humanistischer Wert in diesen Ländern, selbstverständlich dafür zu sorgen, dass die Mitarbeiter glücklich sind. Denn erstens möchten in den Glücksländern auch die Manager täglich ein zufriedenes Leben führen und nicht erst als Rentner. Und zweitens weiß man dort, dass die besten Mitarbeiter nur in Unternehmen bleiben, in denen sie sich auch wohl fühlen.  

 „Glück ist ganz unspektakulär. Es ist einfach nur das Resultat dessen, was Sie täglich mit Ihrem Leben anstellen: Welche Werte Sie leben, welche Prioritäten Sie setzen und wie konsequent Sie diese verfolgen. Zum Glücklich sein gehört Disziplin.“ Maike van den Boom

Deutschland liegt erstaunlich weit hinten auf dem 30. Platz der glücklichsten Länder. Was empfehlen Sie, wie können wir Deutschen glücklicher werden?

  1. Erstens: Persönlich bei sich selber anfangen und das Leben nicht so ernst nehmen.
  2. Zweitens: Freiheit finde ich sehr wichtig. Sich die Freiheit zu nehmen und sich frei zu machen von Erwartungen an sich selber oder von Erwartungen, die andere an uns in den Bereichen finanzielle Sicherheit, Status oder Materielles stellen. Die Kanadier und auch die Dänen sagen, dass sie in ihrem Land frei sind, und sie sind sich dessen auch bewusst. Wir vergessen, wie frei wir in unserem Land sind und welche Möglichkeiten wir hier in Deutschland haben. Wenn jemand einen Job hat, der ihm nicht gefällt, aber Sicherheit bietet, dann bleiben ganz viele Menschen einfach sitzen. Dabei wäre es auch möglich, in die Unsicherheit zu gehen und etwas anderes zu machen. Das habe ich auch gemacht. Ich habe einen Job gekündigt, um ein Buch zu schreiben. Es geht, ist aber ein bisschen unkomfortabel. Die Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen und nicht nach Ausreden zu suchen, warum etwas nicht geht. Einfach tun! Einfach ins Machen kommen, sich die persönliche Freiheit zu nehmen und die Verantwortung dafür zu tragen.
  3. Drittens: Am Wir-Gefühl arbeiten. Wie macht man das? Einfach mal anfangen, sich mehr auf soziale Beziehungen zu konzentrieren. Wenn man gestresst ist, die Verabredung nicht absagen, sondern erst recht hingehen. Ganz da sein und sich auf andere Menschen konzentrieren. Zum Beispiel nicht gleichzeitig zu telefonieren und dabei die E-Mails zu lesen. Das ist respektvoller dem anderen gegenüber und man bekommt dann auch selber viel zurück. Das gilt auch im Businesskontext. In anderen Ländern nehmen sich die Menschen Zeit und sind ganz beim anderen.

„Freiheit ist ein wichtiger Glücksfaktor. Wir vergessen, wie frei wir in unserem Land sind und welche Möglichkeiten wir hier in Deutschland haben. Wenn jemand einen Job hat, der ihm nicht gefällt, aber Sicherheit bietet, dann bleiben ganz viele Menschen einfach sitzen. Dabei wäre es auch möglich, in die Unsicherheit zu gehen und etwas anderes zu machen.“ Maike van den Boom

Gibt es in den weniger glücklichen Ländern ein geringeres Harmoniebedürfnis?

Ich war ja nur in den glücklichen Ländern und kann nur für die deutsche Kultur sprechen. Die ist noch immer etwas konfliktbeladen und so werden wir auch vom Ausland wahrgenommen. Wir fangen bei Verhandlungen immer gerne oben an und kämpfen uns dann runter, bis wir etwas gefunden haben, wo wir uns treffen können. Die anderen Länder machen es genau umgekehrt, die fragen sich: „Was ist die Gemeinsamkeit?“ und arbeiten sich dann langsam bis zu einer Lösung rauf. Das ist ein sehr konsensorientiertes Handeln und fordert von allen eine mitfedernde Haltung. Es funktioniert nicht, wenn sich jemand ganz besonders positionieren möchte oder auf seinem Standpunkt beharrt. In Deutschland ist das sehr schwierig umzusetzen, weil wir ein sehr starkes Effizienz- und Egodenken haben, wir denken sofort: „Was habe ich davon?“, „Das geht auch schneller.“ Letztendlich ist die harmonische Entscheidungsfindung sehr langatmig. Die Prozesse brauchen Zeit, weil jeder gehört wird, denn jeder kann einen Beitrag leisten und jeder soll verstehen, wo wir als Team oder Firma hinwollen. Auf dieses gute Gefühl wird eine Menge Energie verwendet. Damit letztendlich „alle Nasen in eine Richtung weisen“ und dann klappt es mit der Zusammenarbeit und der Aufgabenverteilung später. Beim einen geht es also am Anfang zack zack, später klemmt es aber bei der Ausführung, weil man die Menschen nicht respektvoll im Prozess mitgenommen hat. Bei dem anderen dauert es am Anfang länger, dafür fluppt später die Zusammenarbeit, weil alle ein gemeinsames Ziel haben und die Stimmung gut ist. Sie erreichen letztendlich dasselbe. Mit einem wichtigen Unterschied: Die einen Mitarbeiter sind glücklich, die anderen nicht.

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Es steckt also eine ganz andere Denkweise und eine andere Kultur dahinter?

In anderen Ländern, wie beispielsweise in Holland, wo ich beinahe 10 Jahre lang gearbeitet habe, wird stundenlang diskutiert und ein Meeting nach dem anderen wird abgehalten. Da gibt es nicht den Einen, der bestimmt, wie es gemacht wird, denn das wäre nicht respektvoll und so geht man nicht miteinander um. Auch in Schweden werden viele Meetings einberufen und die Menschen werden einbezogen, denn man sagt sich, die Menschen sind ja nicht doof, die wissen ja, wie sie arbeiten und die können sich auch vorstellen, das noch zu verbessern. Und so ist Schweden Vorreiter auf dem Gebiet von neuen Ideen, wie Ikea oder Skype. Bei Volvo wurde zum Beispiel einmal versucht, das Fließband abzuschaffen. Die Idee ist allerdings gescheitert. Das gehört auch dazu.

Wer diese Art von Einbindung nicht kennt, findet das lästig. In Dänemark fragt zum Beispiel immer ein Mitarbeiter, warum etwas getan wird und was es für Vorteile bringt. Dänische Chefs wissen diese Offenheit und diesen Mut zu schätzen, weil sie es nur zusammen besser machen können. Das ist die Denke.

CAREERS LOUNGE Buchtipp:

Hier geht's zum Buchtipp: Maike van den Boom, "Wo gehts denn hier zum Glück?"

Nun gut, Deutschland ist erfolgreich. Die anderen Länder aber auch. Schweden, Dänemark, Kanada. Es geht ihnen gut. Die Frage ist: „Was willst du für die Menschen erreichen, für die du als CEO oder als Teamleiter Verantwortung hast? Wie können wir dafür sorgen, dass unsere Mitarbeiter ihr Potenzial maximal entwickeln?“

Und diese Frage stellt sich die Bundesregierung seit einigen Jahren auch. Aktuell werden dieses Jahr über 100 Workshops in Deutschland, (einen davon mache ich), in denen die Menschen gefragt werden: „Was bedeutet für dich ein gutes Leben?“, „Was ist dir wirklich wichtig im Leben?“ Davon werden Indikatoren abgeleitet, die dann in die Regierung einfließen werden. Die Frage lautet: „Wie können wir in Deutschland glücklicher machen?“ Das war auch der Grund für meine Reise durch die Länder.

Den zweiten Teil des Interviews finden Sie hier

Website von Maike van den Boom

Aktuelles Buch von Maike van den Boom (Autorin): „Wo geht's denn hier zum Glück? Meine Reise durch die 13 glücklichsten Länder der Welt und was wir von ihnen lernen können“, gebundene Ausgabe, 4. Februar 2015. Blick ins Buch bei amazon

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