CAREERS LOUNGE präsentiert: Dr. Jens-Uwe Meyer
CAREERS LOUNGE: Herr Meyer, in Ihrem Buch "Digitale Gewinner" erklären Sie, dass jeder zum digitalen Gewinner werden kann. Wie soll das zum Beispiel bei einem Bauarbeiter gehen?
Jens-Uwe Meyer: Gerade klassische Branchen, in denen bislang wenig von der Digitalisierung zu spüren war, werden sich in den nächsten Jahren drastisch verändern. Die Baubranche ist ein sehr gutes Beispiel. Früher gab es Architektenpläne, in Zukunft werden alle Daten von Häusern in digitalen Modellen abgebildet. Kräne werden über das künftige 5G-Mobilfunknetz aus hunderten von Kilometern Entfernung ferngesteuert werden können. Und es gibt bereits Häuser, die weitgehend von einem 3D-Drucker hergestellt werden. Wer sich gerade in solch klassischen Branchen den Möglichkeiten der Digitalisierung öffnet, und sich aktiv über die Digitalisierung der Branche informiert, wird in den nächsten Jahren kein Auslaufmodell sein, sondern gefragter Experte beziehungsweise Expertin.
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Soll jetzt jeder Mensch von uns künstliche Intelligenz studieren und programmieren lernen?
Das ist überhaupt nicht erforderlich. Wer zum Beispiel einen Chatbot entwickeln möchte, der durch künstliche Intelligenz unterstützt wird, musste noch vor wenigen Jahren Technologieexperte sein. Heute gibt es solche Dienste von Google, Microsoft und Amazon vorkonfiguriert. Natürlich, es erfordert etwas Einarbeitungszeit, aber ich gehe jede Wette ein: Wenn Sie wollen, haben Sie morgen Abend Ihren ersten Chatbot fertig programmiert!
Wie kommt es, dass sich so viele Menschen vor der Digitalisierung verschließen? Dass bei Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen von Unternehmen sogar häufig die Angst dominiert?
Das haben ganz klar Manager wie der amtierende Commerzbank-Chef verbockt. Er stellte sich 2017 hin und sagte sinngemäß: Wir werden jetzt ein Technologieunternehmen. Und deshalb bauen wir Stellen ab. Phantasielose Manager wie er prägen aktuell in vielen Unternehmen noch die Debatte. Doch wir erleben gerade eine Trendwende. Nachdem die erste Phase des Schreckens vorbei ist, sind viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen neugierig auf das, was kommt.
Was raten Sie Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, die sich für die Digitalisierung ihres Unternehmens engagieren wollen?
Ich würde das Vorgehen strukturieren. Geben Sie sich drei Monate Zeit, um sich über interessante Entwicklungen in Ihrer Branche zu informieren. Es gibt dazu zahlreiche Studien kostenlos im Internet. Außerdem praktische Anwendungsbeispiele. Viele sind von Technologiebegriffen wie Blockchain, künstliche Intelligenz oder dem Internet der Dinge abgeschreckt. In meinem Buch erkläre ich die Prinzipien dahinter ganz einfach. Eine Blockchain ist beispielsweise nichts weiter als ein digitales Kontobuch im Internet. Versuchen Sie, ein Verständnis für die Anwendungsfälle zu gewinnen, die mit solchen Technologien möglich sind.
Wird es auch digitale Verlierer geben?
Ja, aber das ist kein Schicksal. Heute gibt es bereits einen Mangel an Digitalisierungsexperten in jeder Branche. Wer sich aktiv für die Möglichkeiten der Digitalisierung öffnet und sich selbst weiterentwickelt, wird glänzende Karrierechancen haben. Das betrifft nicht nur Mathematiker, Designer und Technologieexperten, sondern auch Facharbeiter in einer Fabrik. Ein Großteil moderner Produktion ist bereits automatisiert. Dieser Trend wird sich in den kommenden Jahren weiterentwickeln. Doch jemand muss die Produktionsprozesse verstehen. Selbst bei 3D-Druck braucht es immer noch den Menschen, der diese Prozesse überwacht. Wer sich in Sachen Digitalisierung weiterbildet, wird hundertprozentig zu den digitalen Gewinnern gehören.
